Siziliens Weine -Viel Masse, aber auch Klasse
Die Sonne auf Sizilien bringt dunkle und schwere Weine hervor - mit tollen Ausnahmen.
Siziliens Weine haben viel zu bieten: Geschichte, Schwere, Leichte, Komplexität. Doch jahrzehntelang waren die sizilianischen Weine nur für etwas gut: als Verschnittweine. Grossabnehmer sind und waren das Piemont und Frankreich. Allein die Provinz Trapani produziert etwa 10 Prozent des italienischen Weins, aber nur 20 Prozent davon wird in Flaschen abgefüllt. Der Rest wird in Tanks durch halb Europa gekarrt. Der italienische Massenwein ist bei Grossabfüllern beliebt, weil er dunkel, schwer und alkoholstark ist.
Etna doc - zart und filigran
Weinjournalisten verfallen manchmal auf sonderbare Ideen, wenn sie ein neues Gebiet oder einen neuen Wein pushen wollen. Dazu gehört, dass sie die Weine, die von den Hängen des Vulkans Ätna kommen, "die neuen Burgunderweine" nennen. Das ist zwar nett gegenüber den Produzentinnen und Produzenten, aber trotzdem Unsinn. Denn die typische Ätna-Rebe Nerello Mascalese hat weder vom Ausssehen noch vom Geschmack Ähnlichkeiten mit der Burgunder-Sorte Pinot Noir…
Richtig ist aber, dass vom Ätna sehr elegante Rotweine kommen. Die grossen Tag-Nacht-Temperaturunterschiede an den Hängen dieses noch aktiven Vulkans lassen Weine von grosser Eleganz und Raffinesse entstehen.
Vittoria mit Frappato und Cerasuolo
Obwohl die Stadt Vittoria noch weiter südlich vom Ätna liegt, und es dort noch heisser ist als beim Ätna, bringt Vittoria überraschend zartgliedrige Weine hervor. Dazu gehören der Frappato und der Cerasuolo di Vittoria.
Der Frappato ist eine eigenständige Traubensorte, die einen mittelschweren Wein ergibt mit fruchtig-blumigen Noten und weichen Tanninen.
Der Cerasuolo di Vittoria hingegen ist ein Blend zwischen der autochthonen, sizilianischen Sorte Nero d'Avola und dem Frappato. Der Nero d'Avola gibt die Schwere und die Alkoholstärke, der Frappato Weichheit und die helle Farbe.
Marsala
Einst war der Marsala einer der begehrtesten Weine überhaupt. Dem englischen Geschäftsmann John Woodhouse waren der spanische Sherry und der portugiesische Portwein zu teuer geworden, also machte er sich auf die Suche nach günstigeren Alternativen und fand in der sizilianischen Hafenstadt Marsala den Perpetuo. Bei dessen Produktion wird immer ein klein wenig davon im Fass zurückgelassen und der Rest mit neuem Wein aufgefüllt - ähnlich werden auch Sherry und Portwein produziert. Woodhouse sollte mit dem Marsala grossen Erfolg haben.
Süssweine sind heute (leider) nicht mehr so gefragt. Dabei sind gute Vertreter von ihnen hervorragende Essensbegleiter und nicht nur gut, um in der Küche verwendet zu werden. Der Marsala aus Sizilien ist ein Likörwein. Das heisst, der mehrere Jahre im Solera-Verfahren gereifte Wein wird zum Schluss noch mit einem Schnaps aufgespritet. Die Idee hinter der Aufspritung: Mit dem Schnaps wollte man den süsslichen Wein stabiliseren und fit machen für lange Schiffsreisen. Denn die Hauptabnehmer sassen und sitzen auch heute noch in Grossbritannien. Normale Weine überlebten die langen Schiffsreisen früher kaum, sondern verdarben.
Niedergang und Neuanfang beim Marsala
Seit normale Weine länger haltbar geworden sind, geht es aber mit den Verkäufen des Marsala steil bergab. In ihrer Not begannen die Produzenten, die Marsala-Weine aufzuzuckern oder setzten ihnen gar Eier zu. Das sollte den Marsala geschmeidiger machen. Doch all diese Massnahmen führten dazu, dass der Marsala qualitativ immer weiter absank.
2014 wurden die Produktionsvorschriften verschärft. Ein Marsala darf heute nur noch aus Wein hergestellt werden. Eier und andere seltsamen Beigaben sind verboten. Seither steigt die Qualität wieder. In meinen Augen der beste Produzent ist Marco de Bartoli, gefolgt vom Traditionshaus Florio.