Die Geschichte des Weins
Alles begann vermutlich im Gebiet des heutigen Georgien
Die Georgier sind stolz darauf, dass die Weinbaukultur bei ihnen angefangen hat. Wissenschafter datieren das auf 3000 – 5000 vor Christus. Damals begannen die Völker im Gebiet des Kaukasus und Georgiens damit, die Trauben nicht mehr nur von wilden Reben abzulesen, sondern sie legten sich Weingärten an, um so einfacher an die Trauben heranzukommen. Sie liessen den Rebensaft auch in Tonkrügen vergären, die sie in den Boden versenkten. Sie stellten offenbar schon damals fest, dass die Mikro-Oxydation in den Tonkrügen dem Wein guttat.
Spuren im Iran
Allerdings: Schon ältere Völker hatten begriffen, dass durch die Vergärung von Obst und Getreide (Bier) ein alkoholisches Getränk entsteht, das die Sinne betrüben kann. Forscher fanden im Iran Spuren eines merkwürdigen Volkes: Immer im Herbst zerrieben sie die reifen Trauben auf einem bestimmten Felsen, von dem der Saft dann in ein kleines, natürliches Becken floss. Nach exakt 3 Wochen Gärzeit gab es ein Fest, das jenem von Sodom und Gomorrha um nichts nachgestanden haben soll. Alle sollen mit allen - und das erst noch schwer betrunken. Nach ein paar Tagen war der Spuk vorbei, und die Menschen gingen wieder ihrer Arbeit nach – ohne den Alkohol das ganze Jahr über je wieder anzurühren. Es wird vermutet, dass dies ein Fruchtbarkeitsritual war und dass Betrunkensein den Zweck hatte, den Göttern näher zu sein.
Griechen, Etrusker, Römer
Es waren schliesslich die Griechen, welche die Weinkultur aus Kleinasien nach Europa brachten. Heute weiss man, dass zahlreiche Rebsorten in Italien ihren Ursprung in Griechenland oder Kleiasien haben. Die Etrusker wiederum begannen die griechischen Weine, die wegen ihrer Süsse sehr beliebt waren, zu kopieren. Sie sollen Setzlinge griechischer Rebsorten gestohlen und bei sich im Hinterland gepflanzt haben. Als windige Händler gaben sie ihren Wein als griechischen aus und erzielten damit vor allem in Gallien grosse Gewinne - sehr zum Ärger der griechischen Konkurrenten.
Rhone und Rhein
Es waren schliesslich die Römer, die den Wein als Handelsgut weiter verbreiteten. Im Veneto bepflanzten sie riesige Flächen mit Reben, um die Weinproduktion geographisch näher an ihren nördlichen Kolonien zu betreiben. Und schliesslich gaben sie den Legionären das Recht, nach Absolvierung ihrer Dienstzeit im riesigen Reich Weine zu pflanzen. Auf diese Weise verbreiteten sich viele griechisch-römische Reben nach Nordeuropa. Die Verbreitungswege wareb die grossen Flüsse Rhone, Rhein und Donau. Marseille war das grösste Weinhandelszentrum ausserhalb des römischen Kernlandes. Das nördlichste Handelszentrum befand sich im deutschen Trier.
Diese göttliche Rolle hat der Wein bis heute behalten. Auch in der christlichen Religion trinken die Pfarrer und Priester den Wein auf dem Höhepunkt der Messfeierlichkeit – wenn auch in kleinen Mengen. Doch auch bei uns ist der Messwein nicht irgendein Wein, sondern repräsentiert das Blut Christi, das er am Kreuz für die Menschheit vergossen haben soll.
Wein – das erste globalisierte Produkt
Das Wissen um den Weinbau gelangte nach von Georgien via Griechenland nach Süditalien. Ab dem 8. Jahrhundert kolonisierten die Griechen Süditalien (bis nach Neapel) und Sizilien und brachten dabei auch den Weinbau mit. In Zentralitalien stiessen die Griechen auf die Etrusker. Noch heute kann der unterschiedliche Weinbau von Griechen und Etruskern bewundert werden und zwar auf der vor Neapel gelegenen Ferieninsel Ischia. Im Norden wachsen die Reben wie wilde Büsche (etruskisch), während sie im südlichen Teil der Insel fein säuberlich auf einer Rebzeile gedeihen.
Die Griechen belieferten den gesamten Mittelmeerraum mit Wein – selbst die wilden Gallier. Umschlagplätze für Gallien lagen im heutigen Narbonne und Marseille. Doch den Etruskern war die griechische Konkurrenz ein Dorn im Auge. So sollen sie den Griechen eine Rebe gestohlen haben und diese selber gezüchtet haben, um daraus einen ebenso wohlschmeckenden, süsslichen Wein herzustellen – nur billiger. Den Galliern, die Grossabnehmer waren, war das nur Recht.
Pax Romana
Nach dem Untergang des griechischen Reichs kam die Zeit der Römer ab etwa 500 v. Christus. Das Weinzentrum wurde Pompeij bei Neapel. Von hier versorgten die Römer ihre Kunden mit Wein. Bald schon reichten die Rebberge des Südens nicht mehr aus für den wachsenden Durst, und sie schufen in Aquileia (Friaul) einen zweiten Hub. In der dortigen Ebene gedieh der Wein von selbst – fast wie heute. Die Ebenen Venetiens und Friauls sind das absolute Prosecco-Gebiet. Von hier stammen alle 500 Millionen Flaschen Prosecco, die die Welt jedes Jahr geniesst.
Aber zurück zu den Römern. Als Sold erhielten die Legionäre Roms Land und Reben zugeteilt. Meist wurde ihnen das nach ihrer Dienstzeit «ausbezahlt». Die Legionäre, über halb Europa verstreut, begannen so die römischen Rebsorten im ganzen Reich zu pflanzen und betrieben eifrigen Handel mit den «Barbaren», also auch jenen Völkern, die ausserhalb des Reichs lebten. Historikerinnen und Historiker sind überzeugt, dass dieser ungeheure Weinhandel mitverantwortlich ist für die vielen Jahrzehnte des Friedens im römischen Reich. Der Wein war also mitverantwortlich für die Pax Romana.